Kandidatenturnier
Die Kandidatenturniere im Schach, für die sich die Teilnehmer über das Zonen- und Interzonenturnier qualifizierten, wurden von der FIDE 1950 eingeführt, nachdem man sich innerhalb des Weltschachbundes entschlossen hatte, die Herausforderer des (von der FIDE offiziell gekürten) Weltmeisters in einem Dreijahreszyklus zu ermitteln. Bis 1962 war das Kandidatenturnier ein Round-Robin-Turnier, ein Jeder gegen jeden-Turnier, das eine bestimmte Anzahl an Teilnehmern vorsah, die mehrere Partien gegeneinander zu spielen hatten. Der US-amerikanische Großmeister Robert James Fischer hatte nach seiner Teilnahme im Jahre 1962 eine Reihe von Manipulationen der sowjetischen Teilnehmer, die gegeneinander Partieresultate absprachen, gerügt, wonach die FIDE seit 1965 das Kandidatenturnier in Wettkampfform auspielen ließ. Die Kandidatenwettkämpfe der FIDE fanden statt bis zum Jahre 1995. Erst im Jahre 2002 veranstaltete Braingames wieder ein Kandidatenturnier zur Ermittlung des Herausforderers von Weltmeister Wladimir Kramnik, welches in Dortmund stattfand und von Péter Lékó gewonnen wurde.
Inhaltsverzeichnis
Kandidatenturniere 1950-1962
Jahr | Gastgeber | Sieger/Herausforderer |
---|---|---|
1950 | Budapest | David Bronstein, Isaak Boleslawski (Bronstein gewann den folgenden Stichkampf) |
1953 | Neuhausen am Rheinfall/Zürich | Wassili Smyslow |
1956 | Amsterdam | Wassili Smyslow |
1959 | Bled/Zagreb/Belgrad | Michail Tal |
1962 | Curaçao | Tigran Petrosjan |
Kandidatenwettkämpfe 1965-1995
1965
Viertelfinale
- Efim Geller-Wassili Smyslow 5,5-2,5
- Boris Spasski-Paul Keres 6 - 4
- Michail Tal-Lajos Portisch 5,5-2,5
- Bent Larsen-Boris Ivkov 5,5-2,5
Halbfinale
- Boris Spasski-Efim Geller 5,5-2,5
- Michail Tal-Bent Larsen 5,5-4,5
Finale
- Boris Spasski-Michail Tal 7 - 4
1968
Viertelfinale
- Bent Larsen-Lajos Portisch 5,5-2,5
- Boris Spasski-Efim Geller 5,5-2,5
- Viktor Kortschnoi-Samuel Reshevsky 5,5-2,5
- Michail Tal-Svetozar Gligoric 5,5-2,5
Halbfinale
- Boris Spasski-Bent Larsen 5,5-2,5
- Viktor Kortschnoi-Michail Tal 5,5-4,5
Finale
- Boris Spasski-Viktor Kortschnoi 6,5-3,5
1971
Viertelfinale
- Bent Larsen-Wolfgang Uhlmann 5,5-3,5
- Robert James Fischer-Mark Taimanow 6 - 0
- Viktor Kortschnoi-Efim Geller 5,5-2,5
- Tigran Petrosjan-Robert Hübner 4 - 3 (abgebrochen)
Halbfinale
- Robert James Fischer-Bent Larsen 6 - 0
- Tigran Petrosjan-Viktor Kortschnoi 5,5-4,5
Finale
- Robert James Fischer-Tigran Petrosjan 6,5-2,5
1974
Viertelfinale
- Boris Spasski-Robert Byrne 4,5-1,5
- Anatoli Karpow-Lew Polugajewski 5,5-2,5
- Viktor Kortschnoi-Henrique da Costa Mecking 7,5-5,5
- Tigran Petrosjan-Lajos Portisch 7 - 6
Halbfinale
- Viktor Kortschnoi-Tigran Petrosjan 3,5-1,5
- Anatoli Karpow-Boris Spasski 7 - 4
Finale
- Anatoli Karpow-Viktor Kortschnoi 12,5-11,5
1977
Viertelfinale
- Boris Spasski-Vlastimil Hort 8,5-7,5
- Henrique da Costa Mecking-Lew Polugajewski 5,5-6,5
- Viktor Kortschnoi-Tigran Petrosjan 6,5-5,5
- Bent Larsen-Lajos Portisch 3,5-6,5
Halbfinale
- Viktor Kortschnoi-Lew Polugajewski 8,5-4,5
- Boris Spasski-Lajos Portisch 8,5-6,5
Finale
- Viktor Kortschnoi-Boris Spasski 10,5-7,5
1980
Viertelfinale
- Robert Hübner-Andras Adorjan 6,5-5,5
- Lajos Portisch-Boris Spasski 7-7 (bessere Wertung [=Schwarzsieg] für Portisch)
- Viktor Kortschnoi-Tigran Petrosjan 5,5-2,5
- Lew Polugajewski-Michail Tal 5,5-3,5
Halbfinale
- Viktor Kortschnoi-Lew Polugajewski 7,5-6,5
- Robert Hübner-Lajos Portisch 6,5-4,5
Finale
- Viktor Kortschnoi-Robert Hübner 6,5-3,5
1983
Viertelfinale
- Robert Hübner-Wassili Smyslow 7-7 (Losentscheid für Smyslow)
- Alexander Beljawski-Garri Kasparow 3-5
- Viktor Kortschnoi-Lajos Portisch 6-3
- Zoltan Ribli-Eugenio Torre 6-4
Halbfinale
- Viktor Kortschnoi-Garri Kasparow 4-7
- Wassili Smyslow-Zoltan Ribli 6,5-4,5
Finale
- Garri Kasparow-Wassili Smyslow 8,5-4,5
1985-1987
Kandidatenturnier in Montpellier 1985
Die FIDE veranstaltete zunächst ein Kandidatenturnier mit 16 Teilnehmern, dessen vier Erstplazierten in Wettkämpfen den Herausforderer des Verlierers aus dem Wettkampf Kasparow-Karpow 1986 ermitteln sollten.
In Montpellier siegten Artur Jussupow, Rafael Waganjan und Andrei Sokolow mit je 9/15. Jan Timman und Michail Tal, die auf 8,5 Punkte kamen, mussten einen Stichkampf zur Ermittlung des vierten Halbfinalteilnehmers spielen. Timman setzte sich durch.
Halbfinale 1986
Finale 1986
- Andrei Sokolow-Artur Jussupow 7,5-6,5
Superfinale 1987
- Anatoli Karpow-Andrei Sokolow 7,5-3,5
1988-1990
Die FIDE änderte abermals den Austragungsmodus zur Ermittlung des WM-Herausforderers: 1988 wurde ein Achtelfinale mit 7 Matchen ausgespielt, Ex-Weltmeister Anatoli Karpow war für das Viertelfinale kampflos vorqualifiziert.
Achtelfinale 1988
- Kevin Spraggett-Andrei Sokolow 6,5-5,5 (nach Schnellschachentscheid, 3-3 nach Turnierpartien)
- Johan Hjartarson-Viktor Kortschnoi 4,5-3,5 (nach Schnellschachentscheid, 3-3 nach Turnierpartien)
- Rafael Waganjan-Lajos Portisch 2,5-3,5
- Jan Timman-Waleri Salow 3,5-2,5
- Artur Jussupow-Jan Ehlvest 3,5-1,5
- Nigel Short-Gyula Sax 3,5-1,5
- Jonathan Speelman-Yasser Seirawan 4-1
Viertelfinale 1988/89
- Nigel Short-Jonathan Speelman 1,5-3,5
- Anatoli Karpow-Johan Hjartarson 3,5-1,5
- Jan Timman-Lajos Portisch 3,5-2,5
- Artur Jussupow-Kevin Spraggett 5-4
Halbfinale 1989
- Anatoli Karpow-Artur Jussupow 4,5-3,5
- Jonathan Speelman-Jan Timman 3,5-4,5
Finale 1990
- Anatoli Karpow-Jan Timman 6,5-2,5
1991-1993
Die FIDE gab Anatoli Karpow erneut das Privileg, kampflos ins Viertelfinale zu stoßen.
Achtelfinale 1991
- Nigel Short-Jonathan Speelman 5,5-4,5 (nach Schnellschachentscheid, 4-4 nach Turnierpartien)
- Boris Gelfand-Predrag Nikolic 5,5-4,5 (nach Schnellschachentscheid, 4-4 nach Turnierpartien)
- Viswanathan Anand-Alexei Drejew 4,5-1,5
- Jan Timman-Robert Hübner 4,5-2,5
- Viktor Kortschnoi-Gyula Sax 5,5-4,5 (nach Schnellschachentscheid, 4-4 nach Turnierpartien)
- Artur Jussupow-Sergei Dolmatow 6,5-5,5 (nach Schnellschachentscheid, 4-4 nach Turnierpartien)
- Wasyl Iwantschuk-Leonid Judassin 4,5-0,5
Viertelfinale 1991
- Nigel Short-Boris Gelfand 5-3
- Anatoli Karpow-Viswanathan Anand 4,5-3,5
- Jan Timman-Viktor Kortschnoi 4,5-2,5
- Artur Jussupow-Wasyl Iwantschuk 5,5-4,5 (nach Schnellschachentscheid, 4-4 nach Turnierpartien)
Halbfinale 1992
Finale 1993
- Nigel Short-Jan Timman 7,5-5,5
1994-1995
Die FIDE änderte die Austragungsweise erneut. Nach Kasparows Rückzug aus der FIDE sollte der Weltmeister selbst am Kandidatenturnier teilnehmen (Kasparow wehrte sich als Weltmeister gegen solche Änderungen der Weltmeisterschaften). Anatoli Karpow, der amtierender offizieller Weltmeister der FIDE war, mußte bereits im Halbfinale seinen Titel verteidigen. Das, was früher das Kandidatenfinale war, galt nun als Weltmeisterschaftskampf. Man spielte das Achtelfinale mit 6 Wettkämpfen, das Viertelfinale mit 3 und im Halbfinale gelangte Anatoli Karpow, der FIDE-Weltmeister, hinzu.
Achtelfinale 1994
- Michael Adams-Boris Gelfand 3-5
- Waleri Salow-Alexander Chalifman 5-1
- Jan Timman-Joel Lautier 4,5-3,5
- Artur Jussupow-Viswanathan Anand 2,5-4,5
- Paul van der Sterren-Gata Kamsky 2,5-4,5
- Leonid Judassin-Wladimir Kramnik 2,5-4,5
Viertelfinale 1994
- Wladimir Kramnik-Boris Gelfand 3,5-4,5
- Waleri Salow-Jan Timman 4,5-3,5
- Viswanathan Anand-Gata Kamsky 4-6 (nach Schnellschachentscheid, 4-4 nach Turnierpartien)
Halbfinale 1995
- Anatoli Karpow-Boris Gelfand 6-3
- Waleri Salow-Gata Kamsky 1,5-5,5
Finale 1996 (zugleich FIDE-Weltmeisterschaftskampf)
- Anatoli Karpow-Gata Kamsky 10,5-7,5
Kandidatenwettkämpfe der PCA 1994/95
Die als Konkurrenzorganisation zur FIDE neugegründete Professional Chess Players Association (PCA), angeführt von Garri Kasparow, dem die FIDE den Weltmeistertitel am grünen Tisch entzog, nahm die Tradition der Kandidatenkämpfe auf und veranstaltete 1994 zur Ermittlung von Kasparows nächstem Herausforderer ein Wettkampfturnier nach altem Muster. Zuvor fand 1993 in Groningen ein großes Qualifikationsturnier nach Schweizer System statt, das die Kandidaten (neben Nigel Short) ermittelte.
Viertelfinale 1994
- Michael Adams-Sergei Tiwjakow 7,5-6,5 (nach Schnellschachentscheid, 4-4 nach Turnierpartien)
- Nigel Short-Boris Gulko 6,5-5,5 (nach Schnellschachentscheid, 4-4 nach Turnierpartien)
- Gata Kamsky-Wladimir Kramnik 4,5-1,5
- Oleg Romanischin-Viswanathan Anand 2-5
Halbfinale 1994
- Gata Kamsky-Nigel Short 5,5-1,5
- Michael Adams-Viswanathan Anand 1,5-5,5
Finale 1995
- Viswanathan Anand-Gata Kamsky 6,5-4,5
Kandidatenturnier von Braingames 2002
Im Jahre 2002 ermittelte der Sponsor Braingames den Herausforderer des amtierenden Weltmeisters Wladimir Kramnik. Gastgeber war Dortmund. In zwei Vierergruppen erspielte man vier Qualifikanten für das Halbfinale. Das gesamte Turnier fand in Dortmund statt.
Halbfinale
- Peter Leko-Alexei Shirov 2,5-0,5
- Jewgeni Barejew-Wesselin Topalow 2,5-3,5 (nach Schnellschachentscheid, 2-2 nach Turnierpartien)
Finale
- Peter Leko-Wesselin Topalow 2,5-1,5