Emanuel Lasker
Emanuel Lasker (* 24. Dezember 1868 in Berlinchen; 11. Januar 1941 in New York City) war ein deutsch-jüdischer Schachspieler, Mathematiker und Philosoph. Er war der zweite Schachweltmeister der Geschichte und trug diesen Titel von 1894 bis 1921, womit er den Titel am längsten hielt.
Leben
Lasker war der Sohn des Kantors Adolf Lasker und dessen Ehefrau Rosalie Israelssohn. Sein Bruder Jonathan Berthold Lasker ( 1928) heiratete später die Schriftstellerin Else Lasker-Schüler.
Lasker besuchte erfolgreich bis 1888 das Gymnasium in Landsberg an der Warthe und begann anschließend Mathematik und Philosophie zu studieren. Er begann sein Studium in Berlin, wechselte nach Göttingen und Heidelberg und beendete sein Studium 1902 an der Universität Erlangen mit seiner Dissertation Über Reihen auf der Convergenzgrenze. Zuvor hatte er bereits ein Jahr als Lektor für das Fach Mathematik an der Victoria-Universität in Manchester verbracht.
Nach seiner Promotion ging Lasker 1902 nach New Orleans an die Tulane University. In dieser Zeit entstanden einige mathematische Arbeiten, die noch heute in der Algebra Gültigkeit haben. 1907 kehrte er nach Deutschland zurück. Er erwarb bei Berlin ein Landhaus in Thyrow und ließ sich dort nieder. Im Juli 1911 heiratete er in Berlin die Schriftstellerin Martha Kohn (geb. Bamberger).
1927 gründete Lasker in Berlin eine Schule für Verstandesspiele. In dieser Zeit erfand er auch das Brettspiel Laska, eine Abart des Damespiels, und die Lasker-Mühle. Daneben war Lasker auch ein hervorragender Bridge-Spieler und beschäftigte sich ausgiebig mit dem japanischen Go.
1933, gleich nach der Machtergreifung, emigrierte Lasker mit seiner Ehefrau nach London. 1935 lud ihn die Akademie der Wissenschaften in Moskau in die Sowjetunion ein. Die Einladung beinhaltete u.a. eine ständige Mitgliedschaft in der Akademie. Lasker nahm an und ging nach Moskau. Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich an einem mathematischen Institut. Bedingt durch die politischen Verhältnisse wanderte Lasker 1937 nach New York aus. 1938 wurde ihm und seiner Ehefrau die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt.
Schachkarriere
Lasker erlernte das Schachspiel 1880 von seinem älteren Bruder Bertold und sammelte erste Erfahrungen in Berliner Schachkreisen. 1891 trat er der Berliner Schachgesellschaft bei.
Im Hauptturnier des Deutschen Schachbundes in Breslau 1889 errang er den Meistertitel. 1891 ging er nach London, wo er 1892 zwei Turniere und mehrere Wettkämpfe, u.a. gegen Joseph Henry Blackburne, gewann. Anschließend ging er nach New York und siegte auch dort 1893 in einem Turnier, bei dem er in überlegener Manier alle 13 Partien gewann.
Daraufhin forderte er den Weltmeister Wilhelm Steinitz heraus und besiegte ihn in einem Wettkampf vom 15. März bis zum 26. Mai 1894 mit 10 Siegen bei 5 Niederlagen und 4 Unentschieden. 1896 gewann er einen Revanchewettkampf gegen Steinitz in Moskau noch deutlicher mit 10 Siegen, 2 Niederlagen und 5 Unentschieden. Den Titel des Schachweltmeisters behielt Lasker fast 28 Jahre, wobei er ihn gegen so bedeutende Meister wie Carl Schlechter und Siegbert Tarrasch verteidigte. Allerdings machte er es potenziellen Herausforderern nicht leicht, da er hohe finanzielle Forderungen zu stellen pflegte, bevor er einem Wettkampf zustimmte. Er verlor seinen Titel schließlich 1921 gegen José Raúl Capablanca in Havanna, wo er nach 14 Partien aus Gesundheitsgründen vorzeitig aufgab, nachdem Capablanca eine Fortsetzung des Kampfes an einem kühleren Ort ablehnte.
Auch danach hatte Lasker noch bedeutende Turniererfolge, z.B. den 1. Platz im stark besetzten Turnier New York 1924. Sein letztes großes Turnier spielte er in Nottingham 1936.
Laskers Schachstil war pragmatisch und kämpferisch. Er galt als Spieler mit anspruchsloser Eröffnungsvorbereitung, machte aber sehr wenige offensichtliche Fehler und konnte schlechtere Stellungen gut verteidigen. In sein Spiel bezog er auch psychologische Erwägungen über Schwächen seiner Gegner mit ein und war ihnen an Nervenstärke in kritischen Situationen meist überlegen.
Laskers höchste Historische Elo-Zahl: 2878 (im Mai 1894)
Lasker als Philosoph und Mathematiker
Emanuel Lasker war auch Philosoph, er entwarf eine Lehre des Kämpfens als "Machologie", und Mathematiker. 1900 promovierte er an der Universität Erlangen über Reihen. Die Dissertation trägt den Titel "Ueber Reihen auf der Convergenzgrenze" (26 Seiten). 1905 veröffentlichte er in der Zeitschrift Mathematische Annalen (Band 60, S. 20 - 116) eine bedeutende mathematische Arbeit zur Theorie der Moduln und Ideale, die später von Emmy Noether weiterentwickelt wurde. Lasker war mit Albert Einstein bekannt und disputierte mit ihm über physikalische Probleme. Zusammen mit seinem Bruder Berthold schrieb er 1925 ein expressionistisches Drama, Vom Menschen die Geschichte, dem allerdings kein Bühnenerfolg beschieden war.
Zitat
Auf dem Schachbrett der Meister gilt Lüge und Heuchelei nicht lange. Sie werden vom Wetterstrahl der schöpferischen Kombination getroffen, irgendwann einmal, und können die Tatsache nicht wegdeuteln, wenigstens nicht für lange, und die Sonne der Gerechtigkeit leuchtet hell in den Kämpfen der Schachmeister (Lehrbuch des Schachspiels, 1925).
Dieser Satz Laskers wird von Bobby Fischer seinem Buch Meine 60 denkwürdigen Partien als Motto vorangestellt.
An anderer Stelle seines Lehrbuchs schreibt Lasker, der in Alltagsdingen eher unpraktisch veranlagt war: Im Leben werden die Partien nie so unstrittig gewonnen wie im Spiel; das Spiel gibt uns Genugtuungen, die uns das Leben versagt.
Werke (Auswahl)
- Common sense in chess (1895, deutsch: Gesunder Menschenverstand im Schach)
- Kampf (1907)
- Das Begreifen der Welt (1913)
- Die Philosophie des Unvollendbar (1919)
- Lehrbuch des Schachspiels (1925)
- Das verständige Kartenspiel (1929)
- Brettspiele der Völker (1931)
Partien
Liste der Turnier- und Wettkampfergebnisse
Turnier | Ort | Ergebnis/Punktezahl | Rang |
---|---|---|---|
1889 | |||
Hauptturnier A | Breslau | 8/9 (+7-0=2) | 1. Platz |
Hauptturnier Siegergruppe | Breslau | 4/6 (+4-2=0) | 1.-2. Platz |
Meisterturnier | Amsterdam | 6/8 (+5-1=2) | 2. Platz |
Wettkampf mit Curt von Bardeleben | Berlin | 2,5/4 (+2-1=1) | Lasker siegt mit 2,5-1,5 |
1889/1890 | |||
Wettkampf mit Jacques Mieses | Leipzig | 6,5/8 (+5-0=3) | Lasker siegt mit 6,5-1,5 |
1890 | |||
Wettkampf mit Henry Edward Bird | Liverpool | 8,5/12 (+7-2=3) | Lasker siegt mit 8,5-3,5 |
Wettkampf mit N. T. Miniati | Manchester | 4/5 (+3-0=2) | Lasker siegt mit 4-1 |
Meisterturnier | Berlin | 5,5/7 (+5-1=1) | 1.-2. Platz (mit Berthold Lasker) |
Meisterturnier | Graz | 4/6 (+3-1=2) | 3. Platz |
Wettkampf mit Berthold Englisch | Wien | 3,5/5 (+2-0=3) | Lasker siegt mit 3,5-1,5 |
1892 | |||
Kongreß der British Chess Association (BCA) | London | 9/11 (+8-1=2) | 1. Platz |
Meisterturnier | London | 6,5/8 (+5-0=3) | 1. Platz |
Wettkampf mit Joseph Henry Blackburne | London | 8/10 (+6-0=4) | Lasker gewinnt mit 8-2 |
Wettkampf mit Henry Edward Bird | Newcastle | 5/5 (+5-0=0) | Lasker gewinnt mit 5-0 |
1892/1893 | |||
Wettkampf mit Jackson Whipps Showalter | Kokomo und Logansport | 6,5/9 (+6-2=1) | Lasker gewinnt mit 6,5-2,5 |
1893 | |||
Wettkampf mit Celso Golmayo Zupide | Havana | 2,5/3 (+2-0=1) | Lasker gewinnt mit 2,5-0,5 |
Wettkampf mit Andreas Vasquez | Havana | 3/3 (+3-0=0) | Lasker gewinnt mit 3-0 |
Internationales Turnier | New York City | 13/13 (+13-0=0) | 1. Platz |
1894 | |||
Wettkampf um die Weltmeisterschaft gegen Wilhelm Steinitz | New York City/Philadelphia/Montreal | 12/19 (+10-5=4) | Lasker gewinnt mit 12-7 und wird Weltmeister |
1895 | |||
Internationales Turnier | Hastings | 15,5/21 (+14-2=3) | 3. Platz |
1895/1896 | |||
Internationales Turnier | St. Petersburg | 11,5/18 (+8-3=7) | 1. Platz |
1896 | |||
Internationales Turnier | Nürnberg | 13,5/18 (+12-3=3) | 1. Platz |
1896/1897 | |||
Revanchewettkampf um die Weltmeisterschaft gegen Wilhelm Steinitz | Moskau | 12,5/17 (+10-2=5) | Lasker gewinnt mit 12,5-4,5 |
1899 | |||
Internationales Turnier | London | 22,5/27 (+19-1=7) | 1. Platz |
1900 | |||
Internationales Turnier | Paris | 14,5/16 (+14-1=1) | 1. Platz |
1901 | |||
Kurzwettkampf mit David Janowski | Manchester | 1,5/2 (+1-0=1) | Lasker siegt mit 1,5-0,5 |
1904 | |||
Internationales Turnier | Cambridge Springs | 11/15 (+9-2=4) | 2.-3. Platz (mit David Janowski) |
1904 | |||
Meisterturnier | Trenton Falls | 5/6 (+4-0=2) | 1. Platz |
1907 | |||
Wettkampf um die Weltmeisterschaft gegen Frank James Marshall | New York City, Philadelphia, Washington, Baltimore, Chicago und Memphis | 11,5/15 (+8-0=7) | Lasker siegt mit 11,5-3,5 |
1908 | |||
Wettkampf um die Weltmeisterschaft gegen Siegbert Tarrasch | Düsseldorf und München | 10,5/16 (+8-3=5) | Lasker siegt mit 10,5-5,5 |
1909 | |||
Wettkampf mit Abraham Speijer | Amsterdam | 2,5/3 (+2-0=1) | Lasker siegt mit 2,5-0,5 |
Internationales Turnier | St. Petersburg | 14,5/18 (+13-2=3) | 1.-2. Platz (mit Akiba Rubinstein) |
1. Wettkampf mit David Janowski | Paris | 3/4 (+2-0=2) | Lasker siegt mit 3-1 |
2. Wettkampf mit David Janowski | Paris | 8/10 (+7-1=2) | Lasker siegt mit 8-2 |
1910 | |||
Wettkampf um die Weltmeisterschaft gegen Carl Schlechter | Wien und Berlin | 5/10 (+1-1=8) | Lasker verteidigt seinen Titel durch ein Unentschieden (5-5). |
Wettkampf um die Weltmeisterschaft gegen David Janowski | Berlin | 9,5/11 (+8-0=3) | Lasker gewinnt 9,5-1,5 |
1910 | |||
Internationales Turnier | St. Petersburg | 13,5/18 (+10-1=7) | 1. Platz |
1916 | |||
Wettkampf mit Siegbert Tarrasch | Berlin | 5,5/6 (+5-0=1) | Lasker siegt mit 5,5-0,5 |
1918 | |||
Internationales Turnier | Berlin | 4,5/6 (+3-0=3) | 1. Platz |
1921 | |||
Wettkampf um die Weltmeisterschaft gegen José Raúl Capablanca | Havana | 5/14 (+0-4=10) | Lasker gab den Wettkampf beim Stande von 5-9 auf (es wurde auf 6 Gewinnpartien gespielt), Capablanca wurde neuer Weltmeister. |
1923 | |||
Internationales Turnier | Mährisch-Ostrau | 10,5/13 (+8-0=5) | 1. Platz |
1924 | |||
Internationales Turnier | New York City | 16/20 (+13-1=6) | 1. Platz |
1925 | |||
Internationales Turnier | Moskau | 14/20 (+10-2=8) | 2. Platz |
1934 | |||
Internationales Turnier | Zürich | 10/15 (+9-4=2) | 5. Platz |
1935 | |||
Internationales Turnier | Moskau | 12,5/19 (+6-0=13) | 3. Platz |
1936 | |||
Internationales Turnier | Moskau | 8/18 (+3-5=10) | 6. Platz |
Internationales Turnier | Nottingham | 8,5/14 (+6-3=5) | 7.-8. Platz (mit Salo Flohr) |
1940 | |||
Wettkampf mit Frank James Marshall | New York City | 0,5/2 (+0-1=1) | Beim Stand von 1,5-0,5 für Marshall abgebrochen. |
Literatur
- Ken Whyld (Hrsg.): The Collected Games of Emanuel Lasker. Czech Republic/Nottingham 1998. ISBN 1901034-02-X
- Elke-Vera Kotowski (Hrsg.): Emanuel Lasker: homo ludens, homo politicus. Verlag für Berlin-Brandenburg, Potsdam, 2003. ISBN 3-935035-15-2
- Jacques Hannak: Emanuel Lasker - Biographie eines Schachweltmeisters (Mit einem Geleitwort von Prof. Albert Einstein). Siegfried Engelhardt Verlag, Berlin, 1952
- Isaak und Wladimir Linder: Das Schachgenie Lasker. Sportverlag Berlin, 1991. ISBN 3-328-00399-1
- Robert Hübner: Emanuel Laskers Stilbegriff. ChessBase Magazin Nr.93, April 2003, Seite 14-19
Weblinks
- http://www.lasker-gesellschaft.de/
- Lasker und Tarrasch
- 50 entscheidende Positionen von seinen Spielen
Schachweltmeister (Nahschach): Wilhelm Steinitz | Emanuel Lasker | José Raúl Capablanca | Alexander Aljechin | Max Euwe | Michail Botwinnik | Wassili Smyslow | Michail Tal | Tigran Petrosjan | Boris Spasski | Robert James Fischer | Anatoli Karpow | Garri Kasparow | Alexander Chalifman | Viswanathan Anand | Ruslan Ponomarjow | Rustam Kasimjanov | Wladimir Kramnik (Braingames-WM seit 2000) | Wesselin Topalow (FIDE-WM seit 2005) |