Unsterbliche Partie

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Als Unsterbliche Partie (engl. Immortal game) wird eine Schachpartie aus dem Jahr 1851 bezeichnet, in der Weiß beide Türme und die Dame opferte und dafür in wenigen Zügen Matt setzte. Die Partie ging in die Schachgeschichte ein.

Es handelt sich um die berühmte Partie zwischen den Schachmeistern Anderssen und Kieseritzky, während des ersten internationalen Schachturniers in der Geschichte, am 21. Juni 1851 in London - allerdings als Freundschaftspartie außerhalb des Turniers - gespielt. Anderssen gewann die Partie mit Weiß.

Kieseritzky selbst veröffentlichte erstmals im Juli 1851 die Partie in der Zeitschrift La Régence. Im Januar 1855 - Kieseritzky war bereits verstorben - schrieb Falkbeer in der Wiener Schachzeitung unter der Überschrift Eine unsterbliche Partie einen Artikel über sie. Dies gab der Partie den Namen.

Die Mattkombination, die in dem Sciencefiction-Film Blade Runner eine Rolle spielt, entspricht genau der der Unsterblichen Partie. In der deutschen Synchronisation wird leider die englische Notation fehlerhaft übersetzt.

Anmerkungen zur Partie

1.e2-e4 e7-e5 2.f2-f4

Das Königsgambit. Zu Anderssens Zeiten eine sehr beliebte Eröffnung. Weiß opfert einen Bauern und erhält dafür als Kompensation eine schnelle Figurenentwicklung. Im Laufe der Zeit wurden sehr viele Möglichkeiten für die schwarze Seite entdeckt, dem Angriff von Weiß erfolgreichen Widerstand zu leisten. Heutzutage spielen nur sehr wenige Großmeister diese Eröffnung. Auf höchstem Niveau wagte Ex-Weltmeister Boris Spasski gelegentlich diesen Zug.

2...e5xf4

Kieseritzky spielt prinzipiell und nimmt den Bauern an. Es gibt auch die Möglichkeit der Ablehnung, durch z. B. 2...Lf8-c5.

3.Lf1-c4 Dd8-h4+

Dieses Damenschach zwingt den weißen König zu einem Zug, womit ihm das Recht auf die Rochade verloren geht. Schwarz hat sich diesen Vorteil aber teuer erkauft: seine Dame kommt nun in Nöte und muß eine Reihe von Zügen dafür aufwenden, vom Königsflügel zu verschwinden.

4.Ke1-f1 b7-b5?
Stellung nach dem 4. Zug von Schwarz

Das Bryan-Gambit, benannt nach dem US-Amerikaner Thomas Jefferson Bryan, einem Schachmeister aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Schwarz opfert seinerseits einen Bauern um zu schneller Entwicklung zu gelangen. Diese Fortsetzung gilt als nicht ausreichend, um die Probleme des Nachziehenden vollständig zu lösen.

5.Lc4xb5 Sg8-f6 6.Sg1-f3

Weiß entwickelt seinen Springer und bedroht gleichzeitig die schwarze Dame, die nun ihrerseits ziehen muß.

6...Dh4-h6 7.d2-d3

Robert Hübner empfiehlt in seiner umfassenden Analyse an dieser Stelle 7.Sc3 für Weiß.

7...Sf6-h5

Es droht Sg3+.

8.Sf3-h4

Bartlomiej Macieja kritisiert diesen Zug und empfiehlt 8.Th1-g1.

8...Dh6-g5 9.Sh4-f5 c7-c6

Ein Angriff auf den Läufer. Macieja vermutet, daß Kieseritzky dem folgenden Zug von Anderssen übersah und empfiehlt hier 9...g6.

10.g2-g4 Sh5-f6 11.Th1-g1!
Stellung nach dem 11. Zug von Weiß

Ein geistreiches Figurenopfer, das Schwarz besser nicht akzeptiert hätte.

11.... c6xb5?

Hübner und Macieja gelangen unabhängig voneinander zu dem Schluß, daß die Entwicklung zu vernachlässigen und dieses Opfer anzunehmen falsch war. Beide empfehlen an dieser Stelle 11...h5.

12.h2-h4

Damit kommt Anderssen seinem Gegner zuvor.

12...Dg5-g6 13.h4-h5 Dg6-g5 14.Dd1-f3

Anderssen hat zwei Drohungen aufgestellt:

  • Lxf4, was die schwarze Dame unpässlich erwischen würde (sie hat kein Feld mehr zur Verfügung),
  • e5, was zugleich einen Angriff auf den Springer f6 und den Turm a8 (durch die Dame) bedeuten würde.
14...Sf6-g8

Ein trauriger, aber erzwunger Rückzug.

15.Lc1xf4

Macieja hält dies für ungenau. Seines Erachtens wäre der Sieg nach 15.Sc3!, mit den Drohungen 16.Lxf4, 16.Sd5 oder 16.Sxb5, schneller zu erreichen.

15...Dg5-f6 16.Sb1-c3 Lf8-c5

Schwarz entwickelt seinen Läufer mit gleichzeitigem Angriff auf den Turm g1, aber er steht bereits auf verlorenem Posten.

17.Sc3-d5

Richard Réti empfiehlt 17.d4! an dieser Stelle und Macieja schließt sich ihm an. Auch 17.Ld6! nebst Sd5 hält der polnische Großmeister für gewinnbringend.

17...Df6xb2
Stellung nach dem 17. Zug von Schwarz

Schwarz erbeutet einen Bauern und bedroht den weißen Turm auf a1.

18.Lf4-d6

Dieser Zug, der von den meisten Kommentatoren als genial, als glänzend und ähnlich betitelt und meist mit zwei Ausrufezeichen geschmückt wird, stößt bei Hübner, Kasparow und Macieja auf Bedenken. Hübner glaubt, es gäbe mindestens drei bessere Züge, die alle zum Sieg führten: 18.d4, 18.Le3 und 18.Te1. Kasparow schließt sich dem deutschen Analytiker an. Macieja gibt 18.Ld6 sogar zwei Fragezeichen und analysiert ausführlich den Weg zum Sieg nach 18.Le3. Der sowjetische Meister Sergei Belawenets (1910-1942) analysierte im Jahre 1938 auch den Zug 18.Te1, der ebenfalls zum Sieg geführt hätte.

18...Lc5xg1?

Bereits 1879 zeigte Wilhelm Steinitz, daß der beste Zug für Schwarz hier 18...Dxa1+ ist, wonach 19. Ke2 Db2 20.Kd2 Lxg1 die Folge wäre. Hübner, Macieja und Kasparow geben nun als forcierte Zugfolge an: 21.e5 La6!, worauf zwei Züge untersucht werden:

  1. 22.Sxg7+ Kd8 23.Dxf7 Kc8 (Hübner und Kasparow) und nach Kasparows Meinung kann Weiß die Stellung remis halten. Macieja hingegen sieht Schwarz in Gewinnstellung nach 23...Sh6.
  2. 22.Sc7+ Kd8 23.Dxa8 (von Hübner und Kasparow angegeben; Macieja analysiert hier bloß 23.Sxa6) 23...Lb6 24.Dxb8+ Lc8 25.Sd5 La5+ 26.Ke3 Dc1+ nebst Dauerschach und remis.
19.e4-e5!

Nach diesem "stillen"' Zug ist das Schicksal von Schwarz besiegelt. Anderssen, mit Figur und Turm materiell im Rückstand, gestattet Kieseritzky nun auch noch seinen anderen Turm mit Schach zu schlagen. Aber der weiße Sieg ist nicht zu verhindern.

19...Db2xa1+ 20.Kf1-e2

Gemäß einigen Quellen ist die Partie an dieser Stelle schon beendet worden, doch Hübner zitiert hier einen Artikel von Friedrich Amelung aus den Baltischen Schachblättern 1893, wonach die Partie mit 20...Sa6 fortgesetzt wurde und Anderssen Matt in drei Zügen ankündigte.

20...Sb8-a6

Michail Tschigorin machte sich die Mühe, die mögliche Verteidigung 20...La6 zu untersuchen. Seine Analysen werden von Macieja begutachtet und nach geringen Ergänzungen als korrekt befunden. Auch 20...La6 konnte Schwarz nicht retten, war aber noch das Zäheste in dieser Position.

21.Sf5xg7+ Ke8-d8 22.Df3-f6+
Stellung nach dem 22. Zug von Weiß

Nachdem Anderssen einen Läufer und zwei Türme opferte, krönt er sein Feuerwerk jetzt mit einem Damenopfer. Matt ist nicht mehr abzuwenden.

22...Sg8xf6 23.Ld6-e7 Matt.

Literatur in der die Partie untersucht wird (Auswahl)

  • Lionel Kieseritzky: La Régence, Juli 1851
  • Ernst Falkbeer: Wiener Schachzeitung, Januar 1855
  • Wilhelm Steinitz: The Field, 1879
  • Michail Tschigorin: Schachmatni Wjestnik [Der Schachbote], 1879
  • Ludwig Bachmann: Professor Adolf Anderssen, Ansbach 1902
  • Hermann von Gottschall: Adolf Anderssen, Altmeister Deutscher Schachspielkunst, Leipzig 1912
  • Richard Réti: Die Meister des Schachbretts, 1930
  • Jean Dufresne und Jacques Mieses: Lehrbuch des Schachspiels, Leipzig 1932
  • Petr Romanowski: Mittelspiel, Moskau 1963
  • Robert Hübner: ChessBase Magazin 1989
  • Bartlomiej Macieja: Zagadka Kieseritzky'ego [Das Rätsel Kieseritzkys], Warschau 1996
  • Garri Kasparow: Moi welikie predschestwenniki [Meine großen Vorgänger], Band 1, Moskau 2003

Siehe auch:

Liste bekannter Schachpartien