Adolf Anderssen
Adolf Anderssen (* 6. Juli 1818 in Breslau; † 13. März 1879 ebenda) war deutscher Schachmeister und einer der stärksten Schachspieler des 19. Jahrhunderts.
Obwohl Anderssen das Schachspiel schon mit neun Jahren in seinem Elternhaus von seinem Vater, von Beruf Kaufmann, erlernte, dauerte es lange Zeit, bis sich das Talent Anderssens völlig entfaltet hatte. Insbesondere während seiner Gymnasial- und Studienzeit (er studierte Mathematik und Philosophie) in Breslau konnte sich Anderssen kaum mit anspruchsvollen Gegnern messen. In dieser Zeit erstanden jedoch einige Schachprobleme von ihm, die 1842 unter dem Titel Aufgaben für Schachspieler in Breslau veröffentlicht wurden.
Im Jahr 1851 entsandte ihn die Berliner Schachgesellschaft zum Turnier nach London, das er zum allgemeinen Erstaunen der Schachwelt gewinnen konnte. London war damals das Zentrum der Schachwelt. Eine außerhalb des Turniers gespielte Partie gegen Lionel Kieseritzky ist bis in die heutige Zeit als Unsterbliche Partie bekannt. Zu einem Wettkampf mit dem die Schachszene beherrschenden britischen Meister Howard Staunton kam es in der Folge leider nicht.
1852 spielt er in Berlin eine weitere berühmte Partie: Gegen Dufresne gewinnt er die Immergrüne Partie.
Anderssen war kein Berufsschachspieler, sondern verdiente seinen Lebensunterhalt als Professor für Mathematik und deutsche Sprache am Friedrichs-Gymnasium in Breslau. Nur während der Ferien nahm er an Schachturnieren teil.
Während der Europareise des amerikanischen Meisters Paul Morphy 1858/1859 kam es zu einem Wettkampf zwischen Anderssen und Morphy, in dem Anderssen sich mit 2:7 geschlagen geben musste. Er beschönigte seine Niederlage nicht, sondern gab unumwunden zu, das größere Talent (Morphy) habe gesiegt.
1862 gelang es ihm, seinen Turniersieg in London von 1851 zu wiederholen. In diesem stark besetzten Turnier belegte der spätere Weltmeister Wilhelm Steinitz den 6. Rang. Im Sommer 1866 kam es dann zu einem Wettkampf zwischen Anderssen und Steinitz, den Anderssen nicht gewinnen konnte: er unterlag dem Jüngeren mit 6:8. Es ist bezeichnend, dass keine der zwischen den Kontrahenten während ihres Schachlebens gewechselten Partien je unentschieden ausging. Die Gesamtbilanz lautet denkbar knapp 10:9 für Steinitz.
Anderssen, der in vielfacher Hinsicht ein Vorkämpfer des deutschen Schachs genannt werden muss, verstarb 1879 in seiner Heimatstadt Breslau und wurde dort auf dem Johannes-Friedhof beigesetzt.
Liste der Turnier- und Wettkampfergebnisse
Turnier | Ort | Ergebnis/Punktezahl | Rang |
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1848 | |||
Wettkampf gegen Daniel Harrwitz | Breslau | 4/8 (+4-4=0) | Unentschieden 4-4 |
1851 | |||
Internationales Turnier anläßlich der Weltausstellung, Achtelfinalwettkampf gegen Lionel Kieseritzky | London | 2,5/3 (+2-0=1) | Anderssen siegt mit 2,5-0,5 |
Internationales Turnier anläßlich der Weltausstellung, Viertelfinalwettkampf gegen József Szén | London | 4/6 (+4-2=0) | Anderssen siegt mit 4-2 |
Internationales Turnier anläßlich der Weltausstellung, Halbfinalwettkampf gegen Howard Staunton | London | 4/5 (+4-1=0) | Anderssen siegt mit 4-1 |
Internationales Turnier anläßlich der Weltausstellung, Finalwettkampf gegen Marmaduke Wyvill | London | 4,5/7 (+4-2=1) | Anderssen siegt mit 4,5-2,5 und gilt damit als bester Meister in der Welt. |
Turnier des London Club | London | 7/7 (+7-0=0) | 1. Platz |
1857 | |||
1. Kongreß der British Chess Association (BCA) | Manchester | 1/2 (+1-1=0) | Anderssen schied in der 2. Runde gegen Johann Jacob Löwenthal aus. |
1858 | |||
Wettkampf mit Paul Morphy | Paris | 3/11 (+2-7=1) | Morphy gewinnt 8-3 und gilt damit als weltbester Spieler. |
1861 | |||
Wettkampf mit Ignatz von Kolisch | London | 5/9 (+4-3=2) | Anderssen gewinnt 5-4 |
1862 | |||
Internationales Turnier anläßlich der Weltausstellung, zugleich der 5. Kongreß der British Chess Association (BCA) | London | 11,5/13 (+11-1=1) | 1. Platz |
Wettkampf mit Louis Paulsen | London | 4/8 (+3-3=2) | Unentschieden 4-4 |
1866 | |||
Wettkampf mit Wilhelm Steinitz | London | 6/14 (+6-8=0) | Steinitz gewinnt 8-6 und gilt fortan als weltbester Spieler. |
1868 | |||
Wettkampf mit Johannes Hermann Zukertort | Berlin | 8,5/12 (+8-3=1) | Anderssen gewinnt 8,5-3,5. |
7. Kongreß des westdeutschen Schachbundes | Aachen | 3,5/6 (+3-2=1) | 2. Platz, Anderssen verlor den Stichkampf mit Max Lange |
1869 | |||
2. Kongreß des norddeutschen Schachbundes | Hamburg | 5,5/7 (+5-1=1) | 1. Platz, Anderssen besiegte Louis Paulsen im Stichkampf |
8. Kongreß des westdeutschen Schachbundes | Barmen | 5/5 (+5-0=0) | 1. Platz |
1870 | |||
Internationales Turnier | Baden-Baden | 11/16 (+10-4=2) | 1. Platz |
1871 | |||
Wettkampf mit Johannes Hermann Zukertort | Berlin | 2/7 (+2-5=0) | Zukertort gewinnt 5-2. |
9. Kongreß des westdeutschen Schachbundes | Krefeld | 5/7 (+5-2=0) | 2. Platz, nach Stichkampf mit Louis Paulsen und Johannes Minckwitz |
1. Kongreß des mitteldeutschen Schachbundes | Leipzig | 5,5/6 (+5-0=1) | 1. Platz, nach Stichkampf mit Samuel Mieses |
1872 | |||
3. Kongreß des norddeutschen Schachbundes | Hamburg-Altona | 3,5/4 (+3-0=1) | 1. Platz |
1873 | |||
Internationales Turnier anläßlich der Weltausstellung | Wien | 19/30 (+17-9=4) | 3. Platz |
1876 | |||
2. Kongreß des mitteldeutschen Schachbundes | Leipzig | 5,5/7 (+5-1=1) | 1. Platz, nach Stichkampf mit Carl Pitschel und Carl Theodor Göring |
Wettkampf mit Louis Paulsen | Leipzig | 4,5/10 (+4-5=1) | Paulsen gewinnt mit 5,5-4,5 |
1877 | |||
Internationales Turnier, die sog. Anderssen-Feier | Leipzig | 9,5/12 (+8-1=3) | 2. Platz nach Stichkampf mit Johannes Hermann Zukertort |
Wettkampf mit Louis Paulsen | Leipzig | 3,5/9 (+3-5=1) | Paulsen gewinnt mit 5,5-3,5 |
1878 | |||
Internationales Turnier anläßlich der Weltausstellung | Paris | 12,5/22 (+11-8=3) | 6. Platz |
12. Kongreß des westdeutschen Schachbundes | Frankfurt am Main | 6/9 (+5-2=2) | 3. Platz |
Literatur
- Hermann von Gottschall: Adolf Anderssen, der Altmeister deutscher Schachspielkunst. Leipzig 1912 (Nachdruck: Edition Olms, Zürich 1986. ISBN 3-283-00042-5)
Weblinks
- Anderssen , in: Meyers Konversationslexikon, 4.Aufl. 1888-90, Bd.1, S. 547.