Richard Réti
Richard Réti (* 28. Mai 1889 in Pezinok nahe Pressburg, † 6. Juni 1929 in Prag) war ein berühmter deutschsprachiger österreichisch-ungarischer Schachmeister, später nach Zerfall der Monarchie tschechoslowakischer Schachgroßmeister .
Inhaltsverzeichnis
Leben
Sein Vater war ein jüdischer Arzt. Er hat eine französische Erzieherin. Als Jugendlicher kommt er 1904 nach Wien, beendet dort das Gymnasium und studiert Mathematik, doch bald ist es nur noch das Schachspiel, das ihn fasziniert. Als er im Wiener Café Central seine Seminararbeit vergass und nicht mehr wiederfand, gab er die Mathematik endgültig auf und wurde Berufsschachspieler.
Savielly Tartakower über diese Zeit:
Réti studiert Mathematik, ohne trockener Mathematiker zu sein, vertritt Wien ohne Wiener zu sein, ist gebürtiger Alt-Ungar ohne ungarisch zu können, redet ungemein rasch, um desto bedächtiger zu handeln, und wird noch der beste Schachspieler, ohne Weltmeister zu sein. Er ist eben ein forschender Künstler, der sich mehr mit dem Warum der Dinge als mit deren Wesen beschäftigt...
Ende des Ersten Weltkrieges übersiedelt er nach Prag. Zwischen 1918 und 1924 feiert er große Turniersiege und zählt zur absoluten Weltspitze. Im Jahr 1924 ist Réti der erste nach zehn Jahren, der den großen José Raúl Capablanca in einer Turnierpartie besiegen kann.
Réti wird zum radikalen Neuerer der Eröffnungen und avanciert neben Aaron Nimzowitsch und Gyula Breyer zu einem der führenden Vertreter der Hypermodernen Schachschule. Die nach ihm benannte Réti-Eröffnung (1.Sf3 d5 2.c4) ist eine der typischen Errungenschaften dieser Zeit.
Im Jahr 1925 stellt er einen Weltrekord im Blindsimultan an 29 Brettern auf. Er gewann 21 Partien, hielt 6 remis und verlor 2.
Auch als Autor von Schachbüchern beweist er seine Meisterschaft, denn seine Bücher Die neuen Ideen im Schachspiel von 1922 und Die Meister des Schachbretts von 1930 sind Klassiker.
Im Alter von nur 40 Jahren stirbt Réti in Prag an Scharlach.
Partien
Liste der Turnier- und Wettkampfergebnisse
Turnier | Ort | Ergebnis/Punktezahl | Rang |
---|---|---|---|
1907 | |||
Turnier | Székesfehérvár | 7,5/14 (+6-5=3) | 7.-9. Platz |
1908 | |||
Turnier | Wien | 1,5/19 (+0-16=3) | 20. Platz |
Hauptturnier | Prag | 3,5/6 (+2-1=3) | 4. Platz |
Turnier | Wien | 7,5/9 (+6-1=3) | 1. Platz |
1918 | |||
Turnier | Kaschau Charousek-Mem. | 10/11 (+9-0=2) | 1. Platz |
1919 | |||
Turnier | Rotterdam | 1. Platz | |
1920 | |||
Turnier | Amsterdam | 1. Platz | |
Turnier | Göteborg | 1. Platz | |
1922 | |||
Turnier | Teplitz-Schönau | 1.-2. Platz | |
1923 | |||
Turnier | Wien | 2. Platz | |
Turnier | Hasting 1922/23 | 2.-3. Platz | |
Turnier | Mährisch-Ostrau | 2. Platz |
Endspielstudien
Seine Genialität zeigt sich auch in seinen tiefsinnigen Endspielstudien. Die berühmteste wurde am 4. Dezember 1921 in der Ostrauer Morgenzeitung veröffentlicht. Es ist wahrscheinlich die bekannteste Schachstudie, die es überhaupt gibt. Die Idee der Studie ist die Negation der Alltagswahrheit: Man kann nicht gleichzeitig zwei Hasen jagen, sonst werden beide weglaufen. Tartakower lobte das Werk als Quadratur des Zirkels.
FEN: 7K/8/k1P5/7p/8/8/8/8 w - 0 0|size=big
Weiß zieht und hält remis
Dies sieht auf den ersten Blick unmöglich aus, da der weiße König den schwarzen Bauern nicht mehr einholen kann, der schwarze König den weißen Bauern aber schon. Der weiße König muss also zwei Ziele verfolgen:
- den eigenen Bauern unterstützen
- den gegnerischen Bauern abfangen
Falls sich der schwarze König dem weißen Bauern nähert (Kb6), dann gewinnt der weiße König Zeit, das Quadrat des Bauern zu betreten und den schwarzen Bauern einzuholen. Zieht dagegen Schwarz nur seinen Bauern nach vorne, dann unterstützt Weiß seinen Bauern, und beide Bauern wandeln sich (fast) gleichzeitig in eine Dame um.
Lösung:
- 1. Kh8-g7!! h5-h4
Oder 1. -, Kb6 2. Kf6 h4 3. Ke5 h3 4. Kd6 h2 5. c7 =
- 2. Kg7-f6 h4-h3
Falls jetzt 3. Ke5? dann 3. -, h2 Schwarz gewinnt.
- 3. Kf6-e6 oder 3. Kf6-e7
Literatur
- Harry Golombek: Richard Rétis beste Partien. Überarbeitete Neuauflage von John Nunn. Beyer-Verlag, Hollfeld 2002. ISBN 3-88805-268-8