Akiba Rubinstein
Akiba Kiwelowicz Rubinstein (* 12. Dezember 1882 in Stawiski nahe Lomza; 15. März 1961 in Brüssel, Belgien) war ein bedeutender polnischer Schachspieler.
Rubinstein kam 1882 als das jüngste (12.) Kind in einer armen jüdischen Familie im masurischen Polen zur Welt. Nach dem Tod des Vaters nahmen sich seiner die Großeltern an und er wurde von ihnen für den Rabbinerstand vorgesehen. Doch vergaß der junge Mann seine Talmudstudien vollständig, nachdem er mit 14 Jahren das Schachspiel erlernt hatte.
Im Jahre 1901 siedelte er um nach Lódz, wo er mit dem dortigen Meister Henryk Salwe eine Vielzahl von Partien austrug und mit ihm um die Vorherrschaft im polnischen Schach stritt. 1903 nahm er am All-Russischen Meisterturnier in Kiew teil und wurde Fünfter. 1905 beteiligte er sich am Meisterturnier in Barmen und siegte gemeinsam mit dem Weltklassespieler Oldrich Duras, womit er auch schon die Aufmerksamkeit des Weltmeisters Emanuel Lasker auf sich gelenkt hatte, der sich über sein tiefes Spiel sehr positiv äußerte. Mit diesem Turniersieg erhielt er auch den Meistertitel.
Zwischen 1907 und 1913 galt er als einer der Kandidaten auf den Weltmeisterthron. Ein Wettkampf gegen den amtierenden Weltmeister Emanuel Lasker, den er in ihrer bis dahin einzigen Begegnung (in St. Petersburg 1909) besiegen konnte, kam jedoch wegen des Ausbruchs des 1. Weltkrieges nicht zustande.
Manche Bekannte Rubinsteins äußerten in ihren Erinnerungen an ihn, daß seine schwere Depression, ein fortschreitendes Nervenleiden, das ihn Anfang der 30er Jahre zwang mit dem Schach aufzuhören, ihre Ursache in den Erlebnissen des 1. Weltkrieges gehabt hätten. Dem widerspricht Großmeister Grigori Löwenfisch, der sich (in seiner Autobiographie) an die Schwierigkeiten mit Rubinstein erinnert, die er während des Großmeisterturniers in St. Petersburg 1914 gehabt hatte. Seiner Auffassung nach war Rubinstein schon vor Beginn des Krieges psychisch angeschlagen.
Nach Kriegsende zählte Rubinstein unbestritten noch zu den weltbesten Spielern, doch wurde er, der sich von den Menschen immer mehr entfernte, von der jungen Garde um José Raúl Capablanca, Alexander Aljechin und Efim Bogoljubow bald überrundet.
Rubinstein, der seit 1926 mit seiner Familie in Belgien wohnte, nahm weiterhin regen Anteil am Schachleben in seiner Heimat Polen. 1927 gewann er die Meisterschaft Polens und beteiligte sich für seine alte Heimat an den Schacholympiaden. 1930 führte er in Hamburg am ersten Brett seine Mannschaft (u.a. mit Savielly Tartakower) zur Goldmedaille.
1932 zog er sich vom Schach zurück. Den 2. Weltkrieg überlebte er, versteckt von Freunden, in Belgien. Nach dem Tod seiner Frau verlebte er den Rest seines Lebens in einem Altersheim in Brüssel.
Obwohl er sich vom Schach zurückzog, scheint er eine hohe Spielstärke bewahrt zu haben. Freundschaftspartien, die nach dem 2. Weltkrieg gespielt wurden und sich erhalten haben, gegen Miguel Najdorf und Alberic O'Kelly de Galway, belegen dies.
Rubinstein war ein ausgezeichneter Positionsspieler, leistete bedeutende Beiträge zur Theorie der Eröffnungen und galt besonders als ein Meister des Endspiels.
Literatur
- H. Kmoch: Rubinstein gewinnt!, Wien 1933
- H. Wenz: Akiba Rubinstein. Ein Leben für das Schach, Berlin 1966
- Ju. Rasuwajew und W. Murachweri: Akiba Rubinstein, Moskau 1980 (russ.)
- K. Pytel: Akiba Rubinstein, czyli o sztuce rozgrywania koncówek, Warschau 1987 (poln.)
- J. Donaldson und N. Minev: Akiba Rubinstein: Uncrowned King, Seattle 1994 (engl.)
- J. Donaldson und N. Minev: Akiba Rubinstein: The Later Years, Seattle 1995 (engl.)
- E. Strouhal: Rubinsteins Verteidigung. Zum Leben des Schachmeisters Rubinstein, in: Menora, Jahrbuch für deutsch-jüdische Geschichte 1996, Frankfurt am Main 1996, S. 221-249.