Szymon Winawer
Szymon Winawer (* 6. März 1838 in Warschau; 29. November 1919 in Warschau) war ein bedeutender polnischer Schachspieler des 19. Jahrhunderts.
Winawer kam 1838 in Warschau als Sohn eines sehr wohlhabenden jüdischen Wodkafabrikanten zur Welt. Er hatte neun Brüder und eine Schwester. Seine Leidenschaft für Schach entwickelte er frühzeitig in den Warschauer Cafés, wo auch der russische Meisterspieler Alexander Petrow auf ihn aufmerksam wurde und ihm eine glänzende Zukunft prophezeite.
Als Winawer das erste Mal an einem internationalen Turnier (Paris 1867) teilnahm, errang er auf Anhieb den 2. Preis (800 Francs), noch vor Spielern wie Wilhelm Steinitz und Gustav Richard Ludwig Neumann. Angeblich reiste er aus geschäftlichen Gründen nach Paris, wo er bloß zufällig auch Gelegenheit zum Schachspielen fand. Das Turnier gewann Baron Ignaz von Kolisch.
Bei seiner Rückkehr wurde er in seiner Heimat als Held gefeiert. 1868 wurde in Warschau erstmals ein nationales Turnier mit 23 Teilnehmern ausgetragen, das er wie erwartet gewann.
Sein großer Erfolg bewegte Winawer dazu, von da an regelmäßig an allen großen Schachturnieren seiner Zeit teilzunehmen. In den 70er und 80er Jahren des 19. Jahrhunderts galt er als einer der führenden Spieler der Welt. Nach 1883 nahm er eine beinahe 10-jährige Schachpause um sich seinem Geschäft zu widmen. Als er als 55-Jähriger wieder ans Schachbrett trat, gelang es ihm nicht mehr, an seine erfolgreiche Zeit in den 70ern und 80ern anzuknüpfen. Sein letztes Turnier spielte er in Monte Carlo 1901.
Seine größten Erfolge sind: St. Petersburg 1875 (1.), Paris 1878 (1.-2.), Wien 1882 (1.-2.) Nürnberg 1883 (1.).
Während seines Aufenthalts in St. Petersburg 1875 gewann er auch einen Wettkampf gegen Ilja Schumow mit 5:2. In St. Petersburg traf er auch auf Tschigorin, der damals noch das Niveau eines Cafehausspielers hatte. Das gemeinsame Training war für beide fruchtbar.
Winawer trat, obwohl er behauptete niemals ein Schachbuch gelesen zu haben, als ein bedeutender Schachtheoretiker in Erscheinung. Nach ihm ist eine der meistgespielten Varianten in der Französischen Verteidigung benannt: die Winawer-Variante nach 1.e1-e4 e7-e6 2.d2-d4 d7-d5 3.Sb1-c3 Lf8-b4, welche er im Turnier von London 1883 mehrfach anwandte. Auch im Damengambit hat Winawer Spuren hinterlassen: 1.d2-d4 d7-d5 2.c2-c4 c7-c6 3.Sb1-c3 e7-e5 (Das Winawer-Gambit).
Winawer, der zu der Zeit, als der Staat Polen noch nicht existierte und Warschau Teil des russischen Zarenreiches war, bei seinen Turnierteilnahmen darauf bestanden hatte, nicht als Russe, sondern als Pole, nämlich als Vertreter Warschaus angesehen zu werden, starb hochbetagt im Jahre 1919 in seiner Heimatstadt.
Literatur
- Tomasz Lissowski: Szymon Winawer. The Chess Player, Nottingham 2000. ISBN 1-901034-38-0
Weblinks
- Winawer, in: Meyers Konversationslexikon, 4.Aufl. 1888-90, Bd. 16, S. 660-661.