2003-05-26 Falke Interview: Unterschied zwischen den Versionen

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Den Anfang der Rubrik-Brettgeflüster soll ein Interview mit dem nationalen Seniorenmeister und Nationaler Fernschach-Meisterkandidat Siegfried Karkuth sein. Schachfreund Matse Rohde befragte den Meister, der hier auch unter dem Benutzernamen "Falke" bekannt ist, am 9. September 2003.
 
Den Anfang der Rubrik-Brettgeflüster soll ein Interview mit dem nationalen Seniorenmeister und Nationaler Fernschach-Meisterkandidat Siegfried Karkuth sein. Schachfreund Matse Rohde befragte den Meister, der hier auch unter dem Benutzernamen "Falke" bekannt ist, am 9. September 2003.

Version vom 11:21, 1. Okt 2005

Montag, 6. Oktober 2003, Interview mit SIM Siegfried Karkuth

Den Anfang der Rubrik-Brettgeflüster soll ein Interview mit dem nationalen Seniorenmeister und Nationaler Fernschach-Meisterkandidat Siegfried Karkuth sein. Schachfreund Matse Rohde befragte den Meister, der hier auch unter dem Benutzernamen "Falke" bekannt ist, am 9. September 2003.

Zur Person: Siegfried Karkuth

SF Karkuth wurde am 9. November 1939 in Allenstein/Ostpreussen geboren und lebt derzeit als Rentner in Essen. Als Fermeldetechniker arbeitete er von 1954 bis 1996, zuletzt war er bei der Deutschen Telekom beschäftigt.

Seine Liebe zum Fernschach hat er erst spät, nämlich im Alter von 35 Jahren entdeckt. Sein Vater brachte ihm das Schachspiel bei und als sein Vater erkrankte, da war es der Sohn, der den Vater von seiner Krankheit ablenkte, indem er Tag für Tag mit ihm Schach spielte.

1976 entdeckte SF Karkuth in einer Tageszeitung die Adresse des deutschen Fernschachbundes (BdF) und meldete sich umgehend bei dieser Organisation an. Im Laufe der Jahre hat er sich von der 2. Klasse bis zur Meisterklasse hochgespielt und nimmt derzeit an zwei Normenturnieren teil.

Seine größten Erfolge im Fernschach sind:

  • der Gewinn der 8. DSFM und damit der Titel NSM (Nationaler Seniorenmeister),
  • der Sieg in EU-M-1273 mit 7,5/10 Punkten und
  • der Sieg im Knut-Herschel-Gedenkturnier, das hier auf dem remoteSchach.de Server stattgefunden hat.

SF Karkuths Wertungszahlen sind auf nationaler Ebene: FWZ 2361 und auf internationaler Ebene: 2514 ICCF-ELO.

Siegfried Karkuth ist Fan jeder Sportart und eines seiner Hobbys neben Schach ist Tennis. Auf remoteSchach.de spielt SF Karkuth unter dem Nicknamen: Falke.

Das Interview

RS: Hallo Schachfreunde! Heute Abend begrüße ich ganz herzlich unseren Fernschachfreund Siegfried Karkuth, der sich bereit erklärt hat, remoteSchach.de Rede und Antwort zu stehen, um den Besuchern und Nutzern von remoteSchach.de einen kleinen Einblick in die Welt des Fernschachs zu geben und darüber hinaus aktuelle Fragen zu beantworten. Vielen Dank, Herr Karkuth für ihr Engagement und Guten Abend!

SK: Guten Abend, Herr Rohde!

RS: Herr Karkuth, was ist Ihrer Meinung nach der Reiz des Fernschachs in der heutigen Zeit?

SK: Im Fernschach kann man seine Züge in aller Ruhe analysieren, man steht nicht unter Zeitdruck

RS: Wie lange analysieren Sie an einer Partie?

SK: Sie meinen an einem Zug?

RS: Ja, entschuldigen Sie, natürlich habe ich gemeint, wie viel Analysezeit Sie auf einen Zug verwenden.

SK: Das kommt auf die jeweilige Stellung an, die auf dem Brett ist. Im Mittelspiel sind es manchmal ein paar Tage. Im Endspiel etwas weniger.

RS: An welche Partie, oder welches Ereignis erinnern Sie sich heute noch gerne zurück?

SK: Beziehen sie 'Ereignis' auch auf das Nahschach?

RS: Ja, wenn Sie sich gerne daran zurück erinnern, natürlich auch Nahschach.

SK: Ich erinnere mich gerne an die Partie mit Schachfreund N. Otto im WT/M/GT 394, diese war eine schöne Partie und ist in der "Fernschach-International 2/2000" (Fernschachfachzeitschrift; Anm. d. Red.) auch veröffentlicht worden. Eine bleibende Erinnerung werden die GM-Tuniere im Nahschach sein. Ich habe 2000 und 2001 die Dortmunder Schachtage, 2000 die Frankfurter Chess Classic und 2000, 2001 das Julian-Borowski-Tunier in Essen besucht. Sie hautnah spielen zu sehen war schon was besonderes.

RS: Man könnte also sagen, auch als Fernschachspieler ist man sehr am Nahschach interessiert?

SK: Wenn dort Grossmeister spielen, denke ich schon.

RS: Kann man Fernschach mit Nahschach vergleichen?

SK: Nein, schon wegen der unterschiedlichen Bedenkzeiten.

RS: Ich verstehe, Fernschach ist eine analytische Feinarbeit und braucht deswegen wesentlich mehr Zeit. Welche Rolle spielen Computer im qualitativ hochwertigen Fernschach?

SK: Natürlich benutzen auch Top-Fernschachspieler heutzutage verschiedene Schachprogramme um ihre Stellungen auf Taktik und Strategie zu überprüfen, einige mehr, die anderen weniger. Das romantische Schach, wie es es noch vor etwa 15 Jahren gab, ist vorbei.

RS: Schwingt da ein wenig Trauer mit?

SK: Trauer nicht, aber ein bisschen Wehmut.

RS: Sie haben alle Formen der Zugübermittlung kennen gelernt. Sowohl Postkarte und E-Mail, als auch das moderne Serverschach. Welche Art der Zugübermittlung ist nach Ihrer Meinung die beste?

SK: Für mich sind E-Mail und Server Turniere das Fernschach der Zukunft. Zugübermittlungen per Postkarten werden immer weniger gespielt

RS: Haben Sie eine Partie der Schachgeschichte, die für Sie die schönste Partie aller Zeiten ist?

SK: Nein, diese Frage ist, glaube ich, im Schach nicht zu beantworten. Jeder geniale Schachspieler seiner Epoche, Steinitz, Caplanca, Alchechin und Tal, um nur einige zu nennen, haben der Schachwelt schöne Partien hinterlassen.

RS: Haben Sie unter den großen Schachspielern ein Vorbild?

SK: Da brauche ich nicht lange überlegen, Bobby Fischer. Er war, als ich anfing Schach zu lernen, gerade Weltmeister.

RS: Sie erwähnen Bobby Fischer. Gerade dieser Name ist mit vielen skurilen Geschichten verbunden. Schachspielern im allgemeinen wird eine gewisse Eigenwilligkeit unterstellt. Können Sie das bestätigen?

SK: Nein, es mag zwar einige gegeben haben und heute auch noch, aber das sind nur sehr wenige.

RS: Die FIDE hat vor kurzer Zeit Dopingkontrollen bei Schachveranstaltungen eingeführt. Sinn und Zweck dieser neuen Regel ist es, die Voraussetzungen zu schaffen, dass Schach mittel- oder langfristig olympische Disziplin werden kann. Was halten Sie von diesem Schritt der FIDE?

SK: Absolut nichts! Doping im Schach gibt es nicht, dieser Meinung ist auch Dr. Helmut Pfleger, selber ein GM. Zu recht sind Robert Hübner und Artur Jussopov aus der Nationalmannschaft ausgetreten. Bei Schach Open sollte man die Spieler auf elektronische Hilfsmittel überprüfen, das ist ok.

RS: Für Sie sind also beispielsweise Kaffee oder andere koffeinhaltige Getränke keine Dopingmittel?

SK: Nein, Kaffee kann so gar schädlich sein und zu gesundheitliche Schäden führen.

RS: Ist Schach Ihrer Meinung nach ein Sport oder ein Spiel? Oder ist es beides?

SK: Schach ist Sport wie jeder andere auch und ist auch vor kurzem so anerkannt worden.

RS: Hat Deutschland aufgrund seiner vielen Fernschachspieler eine Sonderstellung auf internationaler Ebene?

SK: Ja absolut, sie ist die stärkste Fernschach-Liga der Welt.

RS: In welche Richtung wird sich Ihrer Meinung nach das Fernschach entwickeln? Wird beispielsweise die Remisquote auf höchstem Niveau weiter wachsen, oder wird Schach eines Tages nur noch eine Frage der bessern Software sein?

SK: Die rasante Entwicklung der Hardware macht die Schachprogramme immer schneller und dadurch auch stärker. Der Spielraum für menschliche Kreativität ist ohne Frage geringer geworden.

RS: Wie könnte eine größere Bindung von Jugendlichen an das Fernschach erfolgen?

SK: Die heutige Jugend spielt doch fast vorwiegend Spiele im Internet, so auch Schach. Aber hier zu braucht man eben einen PC und die Jugendlichen der Altersgrenze unter 14 Jahren können sich keinen leisten. In fast allen Familien gibt es einen PC, der ist aber meistens für die Eltern reserviert. Es ist also eine Frage des Geldes.

RS: Sollte das Schachspiel an Schulen mehr gefördert werden?

SK: Ja, das müsste man unbedingt tun. Unser Innenminister Herr Schily ist ja bekanntlich ein begeisterter Anhänger des königlichen Spiels. Er sollte sich mal mit allen Kultusministern der Bundesländer zusammensetzten und über dieses Thema diskutieren. Meiner Meinung nach sollte Schach in allen Schulen zum Pflichtfach gemacht werden, wenigstens ab der Sekundarstufe. In der Lasker-Schule in Ströbeck (Sachsen Anhalt) wird - einzigartig in der Welt - seit 180 Jahren Schach als Pflichtfach gelehrt. Nun droht auch ihr die Schliessung, weil die neu festgelegte Mindestzahl von Schülern von 20 in dieser Schule nicht erreicht wird (Zur zeit sind es nur 13). Ein Stück Kulturgut steht hier vor seinem Ende. Ich möchte aber hier auch über eine erfreuliche Aktion berichten, die vielen nicht bekannt sein dürfte. Jugendbegeisterte Schachspieler haben sich in NRW zusammen gefunden und gehen in Kinderkrankenhäuser, um den dort stationierten Kindern Schach beizubringen, bzw. die vorhandenen Kenntnisse zu festigen und zu erweitern. Ich kann den Jugendlichen ein grosses Lob aussprechen für ihre beispielhafte Aktion.

RS: Das sind zwei wirklich interessante Dinge, von denen Sie hier berichten. Herr Karkuth, eine persönliche Frage: Wie lautet ihr Lebensmotto?

SK: Versuche andere so zu behandeln, wie du von ihnen behandelt werden möchtest.

RS: Welchen Traum möchten Sie sich noch erfüllen?

SK: Mein Traum bedarf eines Wunders, damit er in Erfüllung geht, nämlich, dass es auf der Welt nie wieder Kriege geben möge.

RS: Das ist für wahr ein Traum, den ich mit Ihnen teile Herr Karkuth. Ich bedanke mich bei Ihnen für dieses Gespräch und hoffe Sie in ein paar Jahren als FS-Grossmeister erneut befragen zu dürfen. Gute Nacht Herr Karkuth.

SK: Gute Nacht, Herr Rohde

RS: Im nächsten Monat wird mir wieder eine Persönlichkeit des Fernschachs virtuell gegenüber sitzen, die unser gemeinsames Hobby aus ihrer Sicht und mit ihren Visionen beschreiben wird.